Ein Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 21. September 2018 belebt den Widerrufsjoker bei Verbraucherdarlehen neu (Az.: 2 O 21/18). Das LG Ravensburg entschied, dass die beklagte Sparkasse eine unzulässige Klausel zur Aufrechnung in ihren AGB verwendet habe. Dadurch sei die Aufklärung bezüglich der Pflichtangaben im Darlehensvertrag unzureichend und mithin insgesamt fehlerhaft. Das hat wiederum zur Folge, dass die Widerrufsfrist nie in Lauf gesetzt wurde und der Widerruf des Kreditvertrags auch noch Jahre nach Abschluss möglich ist.
Das noch nicht rechtskräftige Urteil des LG Ravensburg fußt auf einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der BGH hatte im März 2018 entschieden, dass eine Klausel zur Aufrechnung unzulässig ist, weil sie den Verbraucher unangemessen benachteilige und ihn insbesondere die Ausübung seines Widerrufsrechts erschwere (Az.: XI ZR 309/16). Konkret ging es um folgende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Sparkasse: „Der Kunde darf Forderungen gegen die Sparkasse nur insoweit aufrechnen, als seine Forderungen unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind.“
„Derartige Klauseln werden so oder in ähnlicher Form nicht nur von Sparkassen, sondern auch von zahlreichen anderen Banken verwendet. Das Landgericht Ravensburg hat die Rechtsprechung des BGH konsequent umgesetzt und entschieden, dass durch diese Klausel die Aufklärung bezüglich der Pflichtangaben im Darlehensvertrag unzureichend sind und der Widerruf deshalb noch Jahre nach Abschluss möglich ist. Von diesem Urteil können zahlreiche Verbraucher profitieren, die ihr Darlehen widerrufen möchten, um günstig umzuschulden und von den anhaltend niedrigen Zinsen zu profitieren“, sagt Rechtsanwalt Ralf Buerger, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht aus Hagen. Das Urteil lässt sich auf Darlehensverträge anwenden, die nach dem 10. Juni 2010 geschlossen wurden.
Vor dem Landgericht Ravensburg ging es um den Widerruf eines Immobiliendarlehens. Das Urteil dürfte sich aber ganz allgemein bei Verbraucherdarlehen anwenden lassen. „Zu den Verbraucherdarlehen zählen neben Immobilienfinanzierungen in der Regel auch Autofinanzierungen. Auch hier dürfte der Widerruf vielfach möglich sein. Da es sich bei Autofinanzierungen oft um sog. verbundene Geschäfte handelt, wird durch den Widerruf sowohl der Kreditvertrag als auch der Kaufvertrag rückabgewickelt. Daher kann der Widerrufsjoker gerade im Dieselskandal eine Möglichkeit sein, seinen ungeliebten Diesel zu günstigen Konditionen loszuwerden. Grundsätzlich hängt der Widerruf der Autofinanzierung aber nicht davon ab, ob es sich um einen Diesel oder Benziner handelt. Er ist dann möglich, wenn die Bank fehlerhafte Informationen verwendet hat“, erklärt Rechtsanwalt Buerger.
Das Landgericht Ravensburg ist in seiner Entscheidung konsequent verbraucherfreundlich. Es entschied, dass die Bank für die Zeit nach dem Eingang des Widerrufs auch keine Zinsen verlangen kann.
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