Bearbeitungsgebühren von Darlehen müssen konkret begründet sein

Dass Bearbeitungsgebühren von Banken in vielen Fällen nicht gerechtfertigt sind, ist immer wieder Thema von juristischen Auseinandersetzungen. In einem aktuell vor dem OLG Hamm letztendlich doch noch verglichenen Fall ging es um Bearbeitungsgebühren für ein Darlehen, das aufgrund fehlender Bonität des Darlehensnehmers nicht mal ausgezahlt wurde. Rechtsanwalt Ralf Buerger, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht: „Geld für nichts – auch ein Geschäftsmodell!“

Die Klägerin hatte mit einer Bank im Jahr 2010 einen Darlehensvertrag über 824.000 Euro zum Erwerb eines Erbbaurechts geschlossen. Die Bank verlangte neben den vereinbarten Zinsen eine „Bearbeitungsprovision / Strukturierungsprovision“ in Höhe von 17.000 Euro. Die Klägerin wollte mit diesem Darlehen, einen ebenfalls bei der Bank geschlossenen Darlehensvertrag ihres Lebensgefährten ablösen, da dieses Darlehen gekündigt und fällig gestellt wurde. Der Lebensgefährte hatte den ersten Kredit für seinen Betrieb aufgenommen und als Unternehmer gehandelt. Die Bank kündigte auch den Vertrag der Klägerin kurze Zeit später wegen nachträglich eingetretener fehlender Bonität. Die 17.000 Euro Bearbeitungsprovision behielt die Bank aber ein. 

Gegen die rechtswidrige Einbehaltung der 17.000 Euro wehrte sich die Klägerin mit Klage beim Essener Landgericht. Die Bearbeitungsgebühr sei als Teil der AGB zu werten und deswegen nach §307 I 1, II Nr. 1 BGB unwirksam. In Essen wurde der Klage stattgegeben. Zwar waren die Richter – ebenso wie die Vertreter der Bank – der Meinung, dass die Klägerin das Darlehen als Unternehmer und nicht als Verbraucher beantragt habe, dieser Sachverhalt sei aber aufgrund der unangemessenen Benachteiligung nicht relevant. Das Urteil: Die verlangten 17.000 Euro wurden im Zusammenhang mit einer Hilfsaufrechnung und Hilfswiderklage auf 4.300 Euro heruntergerechnet.

„Zu wenig!“ - überschätzte die beklagte Bank ihre rechtlichen Möglichkeiten und trug die Komplettforderung zum Oberlandesgericht nach Hamm. Der dort sehr verbraucherfreundlich orientierte  Senat vertrat zu der Frage, ob die Klausel zur Bearbeitungsprovision eine AGB darstellt die Auffassung, dass die Klausel vorformuliert vorlag – unabhängig davon, ob ein bestimmter Geldbetrag eingetragen ist – und die Vertragsbedingung einseitig von der Bank gestellt wurde. Es handele sich um ein Entgelt für rechtlich nicht geregelte und auch nicht wirklich definierte Sonderleistungen. Der Wortlaut „Bearbeitungsprovision / Strukturierungsprovision“ spreche bereits für diese Ansicht. Aus dem Juristendeutsch übersetzt von Rechtsanwalt Ralf Buerger: „Niemand weiß, für welche Leistung diese 17.000 Euro verlangt werden!“ 

Allein der Umstand, dass die Höhe der Gebühr im Formular nicht eingetragen gewesen sei, entspreche gängiger Praxis und böte keinen Anlass für die Annahme einer Individualabrede. 

Die Frage nach der Unternehmereigenschaft wurde vom Senat eindeutig beantwortet. Allein die Tatsache, dass der Lebensgefährte als Verantwortlicher für das erste Darlehen unternehmerisch tätig gewesen sei, ist noch lange kein Grund, diesen Status automatisch auf die neue Darlehensnehmerin zu übertragen. „letztendlich aber auch nicht entscheidungsrelevant“, so die Richter.

Der Senat vertritt tendenziell die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 13.05.2014 – XI ZR 170/13) zu Bearbeitungsentgelten in Verbraucherdarlehensverträgen auch für Unternehmer iSd §14 BGB gelte. Die Interessenlage von Verbrauchern und Unternehmern sei hierbei vergleichbar.

Ralf Buerger: „Ein überaus wichtiges Detail, denn es hebt die bisherig in der Rechtsprechung oft genutzte Trennung zwischen Unternehmern und abhängig Beschäftigen komplett auf, zumindest dann, wenn eine so genannte ‚unangemessene Benachteiligung‘ vorliegt. Die zu leistende Arbeit, für die die 17.000 Euro abgerechnet würden, diente nach Auffassung des Senats ausschließlich dazu, die eigenen Interessen der Bank zu wahren und abzusichern! Die Frage nach der speziellen Leistung, für die 17.000 Euro Bearbeitungsprovision erbracht werden sollten, blieb für den Senat unbeantwortet.   In aussichtsloser Rechtslage nutzte die Sparkasse die Möglichkeit zum Vergleich: Die Aufrechnungsforderung ist durch die bereits erfolgte Zahlung der 4500€ erloschen, die Bank muss 14.300 Euro der einbehaltenen Bearbeitungsgebühren an die Kundin auszahlen und 4/5 der Verfahrenskosten bezahlen.

OLG Hamm, I-31 U 120/15, Das Verfahren endete mit einem Vergleich vom 17.08.2016

 

 

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