Nachrangdarlehen im Lichte des Bundesgerichtshofs

Nachrangdarlehen im Lichte des Bundesgerichtshofs Erklärung des Rangrücktritts, eigenkapitalersetzende Wirkung, Nachrangdarlehen, partiarische Darlehen, §§ 30, 31, 32 a, 32 b, 64 Abs. 2 GmbHG (Auszüge aus BGH, Urteil vom 8. Januar 2001, Az: II ZR 88/99):"
a) Forderungen eines Gesellschafters aus der Gewährung eigenkapitalersetzender Leistungen sind, soweit für sie keine Rangrücktrittserklärung abgegeben worden ist, in der Überschuldungsbilanz der Gesellschaft zu passivieren. b) Maßstab für die Prüfung, ob eine Zahlung des Geschäftsführers i. S. v. § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar ist, sind nicht allein die allgemeinen Verhaltenspflichten des Geschäftsführers, sondern insbesondere auch der Zweck des § 64 Abs. 2 GmbHG, Masseverkürzungen der insolvenzreifen Gesellschaft und eine bevorzugte Befriedigung einzelner Gesellschaftsgläubiger zu verhindern. c) Zahlungen, die der Geschäftsführer dem Verbot des § 64 Abs. 2 GmbHG zuwider geleistet hat, sind von ihm ungekürzt zu erstatten (Abweichung von BGHZ 143, 184). Ihm ist in dem Urteil vorzubehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den der begünstigte Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätte, nach Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen. Etwa bestehende Erstattungsansprüche der Masse gegen Dritte sind Zug um Zug an den Geschäftsführer abzutreten."

Eine qualifizierte Rangrücktrittsvereinbarung stellt einen Schuld- oder Schuldänderungsvertrag dar, nach dessen Inhalt die Forderung des Gläubigers nicht mehr passiviert wird und nur im Falle eines die Verbindlichkeiten übersteigenden Aktivvermögens befriedigt werden darf. Als Vertrag zugunsten der Gläubigergesamtheit kann die Vereinbarung ab Eintritt der Insolvenzreife nicht durch eine Abrede des Schuldners mit dem Gläubiger der Forderung aufgehoben werden.

Wird eine mit einem qualifizierten Rangrücktritt versehene Verbindlichkeit trotz Insolvenzreife beglichen, kann die Zahlung mangels eines Rechtsgrundes kondiziert werden.

Eine trotz eines qualifizierten Rangrücktritts im Stadium der Insolvenzreife bewirkte Zahlung kann als unentgeltliche Leistung angefochten werden.

BGH, Urteil vom 5. 3. 2015 – IX ZR 133/14

Mezzanines Kapital ist eine Mischung aus Eigenkapital- und Fremdkapitalfunktionen. Mezzanines Kapital kann eigenkapitalähnlich (sog. Equity Mezzanine) in Form von Stillen Beteiligungen, Genussrechten oder wertpapierverbrieften Genussscheinen gegeben werden. Mezzanines Kapital, kommt aber auch in der Form von nachrangigenpartiarischen Darlehen oder Gesellschafterdarlehen vor und besitzt hingegen Fremdkapitalcharakter und ist in der Regel bilanziell als Verbindlichkeit zu erfassen (sog. Debt Mezzanine).

so auch BGH, Urteil vom 5. 3. 2015 – IX ZR 133/14

"Ein Rangrücktritt wird vielfach zwischen einem Gesellschafter als Inhaber einer Darlehens- oder sonstigen Drittforderung und seiner Gesellschaft vereinbart (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 1987 - II ZR 104/86NJW 1987, 1697; Priester, DB 1991, 1917, 1920). Freilich besteht aufgrund der Vertragsautonomie - wie der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit stillschweigend zugrunde gelegt hat (Urteil vom 4. Mai 1962 - VI ZR 226/61, WM 1962, 764 f) - ohne weiteres die Möglichkeit, einen Rangrücktritt zwischen einer Gesellschaft und einem Nichtgesellschafter zu verabreden (Priester, aaO; Serick, ZIP 1980, 9 ff; Teller/Steffan, Rangrücktrittsvereinbarungen zur Vermeidung der Überschuldung bei der GmbH, 3. Aufl., Rn. 2; Ulmer/Habersack, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 182; Saenger/Inhester/Kolmann, GmbHG, 2. Aufl., Anh. § 30 Rn. 162; Altmeppen in Roth/Altmeppen, GmbHG, 7. Aufl., § 42 Rn. 48). Rangrücktritte mit Nichtgesellschaftern finden insbesondere als Bestandteil mezzaniner Finanzierungsformen Verbreitung, durch die der Kapitalgeber - wie im Streitfall - im Wege der Gewährung eines Nachrangdarlehens in die Zwischenebene von Fremd- und Eigenkapital einrückt (Weitnauer, GWR 2012, 193; Bitter, ZIP 2013, 2; Poelzig, WM 2014, 917). Mezzanines Kapital wird regelmäßig ohne besondere Sicherung längerfristig gewährt, wobei das erhöhte Risiko durch einen entsprechenden Zins vergütet wird (Ganter, WM 2011, 1585, 1587; Bitter/Rauhut, ZIP 2014, 1005, 1013; Poelzig, aaO S. 925; Weitnauer, aaO). Die Rechtsfolgen einer Rangrücktrittsvereinbarung stimmen überein, gleich ob sie zwischen einer Gesellschaft und einem Gesellschafter oder einem außenstehenden Dritten, insbesondere einem Darlehensgeber, geschlossen wurde (Fleischer, Finanzplankredite und Eigenkapitalersatz im Gesellschaftsrecht, 1995, S. 290; Ulmer/Habersack, aaO). Darum sind § 19 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 39 Abs. 2 InsO, die sich nach ihrem Wortlaut nur mit dem Rangrücktritt eines Gesellschafterdarlehensgebers befassen, auch auf einen Rangrücktritt außenstehender Gläubiger anwendbar (HK-InsO/Kirchhof, 7. Aufl., § 19 Rn. 24; HmbKomm-InsO/Schröder, 5. Aufl., § 19 Rn. 43; Nerlich/Kreplin/Bornheimer, Münchener Anwaltshandbuch Insolvenz und Sanierung, 2. Aufl., § 7 Rn. 85; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Baumert, GmbHG, 5. Aufl., Vor § 64 Rn. 155; Saenger/Inhester/Kolmann, aaO; Altmeppen in Roth/Altmeppen, aaO; Weitnauer, aaO S. 195; Frystatzki, NZI 2013, 609, 611)."

 

 

In der klassischen Variante der Mezzaninen Finanzierungsformen wird einem Unternehmen wirtschaftliches oder bilanzielles Eigenkapital zugeführt, ohne den Kapitalgebern Stimm- oder Einflussnahmerechte zu gewähren.

 

 

BGH weiter: "In Übereinstimmung mit der Senatsrechtsprechung zur Vorbelastungs- und Jahresbilanz (BGHZ 124, 282) wird allerdings allgemein angenommen, daß sich die Frage der Passivierung von Gesellschafterforderungen mit eigenkapitalersetzendem Charakter auch beim Überschuldungsstatus dann nicht stellt, wenn der betreffende Gesellschafter seinen Rangrücktritt, also sinngemäß erklärt hat, er wolle wegen der genannten Forderungen erst nach der Befriedigung sämtlicher Gesellschaftsgläubiger und – bis zur Abwendung der Krise – auch nicht vor, sondern nur zugleich mit den Einlagerückgewähransprüchen seiner Mitgesellschafter berücksichtigt, also so behandelt werden, als handele es sich bei seiner Gesellschafterleistung um statutarisches Kapital (mißverständlich Uhlenbruck aaO Rdnr. 613). Stellt sich der Gesellschafter in dieser Weise wegen seiner Ansprüche aus einer in funktionales Eigenkapital umqualifizierten Drittleistung auf dieselbe Stufe, auf der er selbst und seine Mitgesellschafter hinsichtlich ihrer Einlagen stehen, besteht keine Notwendigkeit, diese Forderungen in den Schuldenstatus der Gesellschaft aufzunehmen. Einer darüber hinausgehenden Erklärung des Gesellschafters, insbesondere eines Verzichts auf die Forderung (vgl. hierzu BT-Drucks. 12/2443 S. 115 reSp) bedarf es nicht. Denn durch ihn würden – den allerdings nicht naheliegenden Fall der Überwindung der Krise oder des Vorhandenseins eines Liquidationsüberschusses unterstellt – ausschließlich die Mitgesellschafter begünstigt, während die Interessen der außenstehenden Gläubiger durch die beschriebene Rangrücktrittserklärung ebenso gewahrt worden sind, wie dem Wunsch der Gesellschafter, die GmbH erhalten zu können, Rechnung getragen worden ist (vgl. in diesem Sinn z. B. Kleindiek aaO S. 209 f. m. w. N.; Uhlenbruck aaO Rdnr. 612 f. m. w. N.; GK-AktG/Habersack aaO § 92 Rdnr. 58 f.; Hüffer aaO § 92 Rdnr. 11)."
Der BGH auch: "Von dieser Ausnahme einer seitens des Gesellschafters abgegebenen Rangrücktrittserklärung abgesehen hält der Senat auch für den Überschuldungsstatus die Passivierung solcher Gesellschafterforderungen für erforderlich, die wegen ihres eigenkapitalersetzenden Charakters in der durch die Notwendigkeit der Prüfung der Überschuldungssituation gekennzeichneten Krise nicht bedient werden dürfen. Derartige Gesellschafterforderungen verlieren nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats (BGHZ 140, 147, 153 m. w. N.) ihren Charakter als Verbindlichkeiten nicht; ebenso wenig wie sie mit dem BGH auch." Eintritt der Krise erlöschen, werden sie automatisch in dieser Situation zu statutarischem Eigenkapital. Die Umqualifizierung der von dem Gesellschafter als Drittem gewährten Leistung in funktionales Eigenkapital und das Eingreifen der von der Rechtsprechung entwickelten Eigenkapitalersatz- und der sog. Novellenregeln (§§ 32 a und b GmbHG) hat lediglich zur Folge, daß der Gesellschafter während der Dauer der Krise seine Forderungen gegen die GmbH nicht durchsetzen darf. Nach Überwindung der Krise ist er jedoch nicht gehindert, die aus seiner Drittgläubigerstellung folgenden Rechte gegen die Gesellschaft – und zwar auch hinsichtlich der Rückstände (BGHZ 140, 147, 153) – zu verfolgen."