Coronavirus: Arbeitsrecht für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
China, Korea, Schweiz, Italien, Deutschland u.a. Länder sind vom Coronavirus betroffen. In Deutschland wächst die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Personen. Menschen befinden sich aufgrund des Verdachts einer Infektion in Quarantäne. Der Hausarrest hat Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer fragen sich, wird das Gehalt fortgezahlt ?? Arbeitgeber beschäftigen sich mit Schadensersatzansprüchen gegen Entscheidungsträger. Das Virus sorgt für Unsicherheit.
Was Arbeitgeber und Mitarbeiter jetzt wissen sollten:
Was passiert, wenn ich erkrankt bin?
Das Vorgehen bei Arbeitsunfähigkeit ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) und im Arbeitsvertrag geregelt. Danach sind Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber eine Erkrankung sofort zu melden. Sofort bedeutet am ersten Krankheitstag vor Arbeitsbeginn. Da eine Mitteilung auf dem Postweg zu lange dauern würde, sollte dies telefonisch geschehen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, muss dem Arbeitgeber eine vom Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der voraussichtlichen Dauer der Erkrankung vorgelegt werden. Die Art der Erkrankung ist nur in Ausnahmefällen (Coronavirus) mitzuteilen (z.B. bei Ansteckungsgefahr). Verlängert sich die Arbeitsunfähigkeit über die Krankschreibung hinaus, ist eine Folgebescheinigung vorzulegen. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung mehr hat.
Entgeltfortzahlung des Mitarbeiters
Der arbeitsunfähige Mitarbeiter hat nach § 3 EntgFG bis zu 6 Wochen lang Anspruch auf Entgeltfortzahlung in voller Höhe, wenn sein Arbeitsverhältnis länger als vier Wochen besteht und die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst verschuldet ist. Mitarbeiter die länger als 6 Wochen arbeitsunfähig sind, können je nach Art der Arbeitsunfähigkeit weitere finanzielle Hilfen und Leistungen beantragen.
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Kranken- und Krankentagegeld bei Krankheit,
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Verletztengeld bei Unfällen und Berufskrankheiten,
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Übergangsgeld bei Teilnahme an einer medizinischen oder beruflichen Rehabilitationsmaßnahme.
Auch wichtig zu wissen:
- Arbeitsunfähigkeitstage dürfen nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden,
- Der Arbeitgeber muss eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht akzeptieren. Bei berechtigten Zweifeln kann der Arbeitgeber eine Untersuchung durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen veranlassen,
- Arbeitsunfähigkeit schützt nicht vor einer Kündigung.
Die aktuelle Lage bei Corona
In Deutschland sind Personen mit dem Coronavirus infiziert. Wegen der rasanten Ausbreitung hat die Weltgesundheitsorganisation den internationalen Notstand ausgerufen.
Kann ein Mitarbeiter aus Angst vor Ansteckung zu Hause bleiben ?
Nur weil sich die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung erhöht, besteht kein Recht für den Mitarbeiter zu Hause zu bleiben. Das Coronavirus setzt noch nicht das Arbeitsrecht außer Kraft. Insofern ist es Mitarbeitern nicht erlaubt, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Andernfalls handelt es sich um eine Arbeitsverweigerung, die zu einer Abmahnung oder zu einer Kündigung führen kann. Mitarbeiter dürfen aber Schutzmaßnahmen (Fürsorgepflicht) vom Arbeitgeber verlangen.
Fürsorgepflichten des Arbeitgebers
Die Fürsorgepflichten sind u.a. in §§ 617, 618 BGB geregelt. Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber rücksichtsvoll mit dem Mitarbeiter umzugehen hat. Vermeidbare Schäden hat der Arbeitgeber für seine Mitarbeiter abzuwehren. Dazu gehören auch Unterweisungen in den Bereichen Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz. Weitere Verpflichtungen sind insbesondere im Arbeitsschutzgesetzund Mutterschutzgesetzgeregelt.
Darf der Mitarbeiter die Erkrankung eines Kollegen melden?
Hat ein Mitarbeiter den Verdacht, dass ein Kollege ernsthaft erkrankt ist, darf er den Arbeitgeber darauf ansprechen. Schließlich stellt eine Erkrankung ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko für die übrigen Mitarbeiter dar. Dies ist aber allgemeingültig und nicht nur auf das Coronavirus beschränkt. Der Arbeitgeber sollte Mitarbeiter, die offenbar krank zur Arbeit erscheinen, freistellen und zum Arzt schicken.
Darf ein Mitarbeiter die Zusammenarbeit mit einem Kollegen verweigern, der aus China kommt?
Dies darf nur bei konkreten Anhaltspunkten bzgl. einer Infektion mit dem Coronavirus erfolgen.
Darf ein Mitarbeiter zu Hause bleiben, wenn ein anderer Mitarbeiter am Coronavirus erkrankt ist?
In diesem Fall hat der Arbeitgeber Maßnahmen zu ergreifen, die ein Infektionsrisiko anderer Mitarbeiter ausschließt. Er hat den Betriebsarzt einzubinden und Angestellte zu informieren. Mitarbeiter könnten von zu Hause aus arbeiten und im Extremfall ist der Betrieb vorübergehend zu schließen.
Bekommt der Mitarbeiter sein Gehalt weiter, wenn der Betrieb wegen des Coronavirus stillgelegt wird?
Wegen einer behördlich veranlassten Betriebsschließung (wegen dem Coronavirus) hat der Arbeitnehmer in der Regel weiter Anspruch auf Fortzahlung der Gehälter. Der Arbeitsausfall ist nicht nachzuarbeiten und fällt in den Bereich des allgemeinen Betriebsrisikos des Arbeitgebers.Arbeits- oder Tarifverträge können abweichende Regelungen enthalten. Diese müssten dann aber "hinreichend deutlich und klar" formuliert sein.
Arbeitgeber können zu ihrer Entlastung Kurzarbeitergeld beantragen, wenn ein "unabwendbares Ereignis" zu erheblichen Arbeitsausfällen führt. Wird der Antrag genehmigt, übernimmt die zuständige Arbeitsagentureinen Teil der Lohnkosten.
Schließt das Gesundheitsamt einen Betrieb, wird kommt auch das Infektionsschutzgesetz zum Tragen. Das Gesetz enthält eine Spezialregelung, nach der betroffene Unternehmen und Mitarbeiter eine Entschädigung erhalten.
Infektionsschutzgesetz (IfSG)
Um übertragbaren Krankheiten bei Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern, wurde durch den Gesetzgeber das Infektionsschutzgesetz (IfSG) geschaffen.
Entschädigungszahlungen wegen Tätigkeitsverboten (§§ 56 ff IfSG)
Personen, die bestimmte übertragbare Krankheitserreger in sich tragen bzw. ein Verdacht dahingehend besteht, stellen eine Gefahr für die Gesundheit anderer Menschen dar. Wird diesen Personen aufgrund des Infektionsschutzgesetzes deshalb verboten ihrer Erwerbstätigkeit nachzugehen und erleiden diese aufgrund dessen einen Verdienstausfall, können diese unter bestimmten Voraussetzungen eine Entschädigung erhalten.
Kita oder Schule bleibt geschlossen?
Um ihre Kinder zu betreuen dürfen Mitarbeiter im Notfall zu Hause bleiben. Ob das Gehalt bezahlt wird, hängt dann davon ab, ob keine andere Betreuung möglich war. Es ist auf § 616 BGB zu verweisen. Dieser sagt, dass, wer ohne eigenes Verschulden und aus persönlichen Gründen verhindert ist und nicht zur Arbeit erscheint, trotzdem weiter Gehalt erhält. Zunächst sollte aber mit dem Arbeitgeber gesprochen werden um eine gemeinsame Lösung zu finden (Homeoffice, Urlaub nehmen, Überstunden abbauen etc.).
Muss der Mitarbeiter den Arbeitgeber informieren, wenn er an Symptomen des Coronavirus leidet?
Der Mitarbeiter sollte besonnen reagieren und unverzüglich einen Arzt aufsuchen. Gesundheitsdaten sind Privatsache und besonders geschützt. Bei einem ernstzunehmenden Verdacht ist der Arbeitgeber zu informieren.
Muss der Mitarbeiter eine Dienstreise antreten?
Dies ist im Arbeitsvertrag geregelt. Ist der Mitarbeiter zu Dienstreisen verpflichtet, sind diese auch anzutreten. Der Arbeitgeber hat ein Weisungsrecht. Jedoch können Mitarbeiter zur Zeit eine Dienstreise in die Provinz Hubei verweigern. Das Auswärtige Amt hat für diese Region eine Reisewarnung ausgesprochen. Der Arbeitgeber hat auch die Gesundheit seiner Mitarbeiter zu schützen. Insofern ist es kein billiges Ermessen, einen Mitarbeiter jetzt nach Hubei zu entsenden. Dies gilt nicht für Länder für die keine Reisewarnung besteht.
Sie wurden auf Reisen wegen Corona-Verdacht unter Quarantäne gestellt?
Wer auf Reisen ist und zum Beispiel im Hotel über seinen geplanten Abwesenheitszeitraum hinaus unter Quarantäne gestellt wird, kann nicht zur Arbeit kommen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber weiter das Gehalt zahlen. Für den Arbeitgeber gibt es ggfls. Erstattungsmöglichkeiten.
Muss der Abeitgeber Desinfektionsmittel zur Verfügung stellen?
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Verletzungs- und Erkrankungsrisiken im Betrieb so gering wie möglich sind. Dazu kann auch das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln zählen.
Bahn- und Nahverkehr werden eingestellt. Was gilt es zu beachten?
Der Arbeitnehmer trägt das sogenannte Wegerisiko. Der Arbeitnehmer ist selbst dafür verantwortlich, pünktlich bei der Arbeit zu erscheinen. Gibt es gar keine Möglichkeit zur Arbeit zu kommen, muss man nicht mit Sanktionen rechnen. Der Vergütungsanspruch entfällt aber und der Arbeitnehmer bekommt für die Zeit, in der er nicht bei der Arbeit erscheint, im Zweifel kein Geld.
Für weitere Fragen stehen Ihnen die Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht Christian Dreier und Ralf Buerger gern zur Verfügung.